„Team Toden­hö­fer“, Ver­schwö­rungs­gläu­bi­ge und Antisemit*innen im Kom­mu­nal­wahl­kampf 2025 in Oberhausen

Kom­mu­nal­wahl 2025 in Oberhausen

„Team Toden­hö­fer“, Ver­schwö­rungs­gläu­bi­ge und Antisemit*innen im Kom­mu­nal­wahl­kampf 2025 in Oberhausen

Sie geben sich sicht­lich viel Mühe. Im gesam­ten Stadt­ge­biet hän­gen Pla­ka­te an Later­nen, es wur­den Fly­er in Brief­käs­ten ver­teilt, Wahl­kampf­stän­de in Fuß­gän­ger­zo­nen durch­ge­führt und sogar Groß­pla­ka­te auf­ge­stellt. Direkt mit zwei Lis­ten kan­di­diert die Kleinst­par­tei „Team Toden­hö­fer / Die Gerech­ten“, zur Kom­mu­nal­wahl und zur Integrationsratswahl.

Den älte­ren Lesen­den dürf­te Jür­gen Toden­hö­fer noch als rechts­au­ßen in der CDU-Bun­des­tags­frak­ti­on bekannt sein, Mit­glied der sog. „Stahl­helm-Frak­ti­on“, der seit den 1980ern eine gewis­se Nähe zu isla­mis­ti­schen Kampf­grup­pen pfleg­te. Bei­spiel­haft erwähnt sei­en sei­ne frü­he Unter­stüt­zung der Mud­scha­he­din in Afgha­ni­stan (als „Boll­werk“ gegen die Sowjet­uni­on), Tref­fen mit Ver­tre­tern der ira­ni­schen Regie­rung und natür­lich die Rei­se in den sog. „Isla­mi­schen Staat“. Wäh­rend er heu­te im Krieg des Staa­tes Isra­el gegen die Ter­ror­or­ga­ni­sa­ti­on Hamas einen „Völ­ker­mord“ zu sehen glaubt, wies er 2016 die Bun­des­tags­re­so­lu­ti­on zur Aner­ken­nung des real voll­zo­ge­nen Völ­ker­mords an den Arme­ni­ern als „ein­sei­tig an den Pran­ger stel­len der tür­ki­schen Osma­nen“ zurück, was ihm gro­ße Aner­ken­nung in wei­ten Tei­len der tür­kei­stäm­mi­gen Rech­ten einbrachte.
Pünkt­lich zu sei­nem 80. Geburts­tag im Novem­ber trat Toden­hö­fer aus der CDU aus und grün­de­te eine nach ihm selbst benann­te neue Par­tei (1). Ers­te Kon­tak­te ins Quer­den­ken-Milieu fie­len schnell auf, Toden­hö­fer trat auf diver­sen Demons­tra­tio­nen gegen eine angeb­li­che Coro­na-Dik­ta­tur als Red­ner auf, mit dem The­men­wech­sel der Quer­den­ken-Bewe­gung hin zu einer Pro-Putin-Bewe­gung seit Beginn des rus­si­schen Angriffs­krie­ges gegen die Ukrai­ne änder­te sich dies nicht. Gemein­sam ver­such­ten sie das Nar­ra­tiv zu framen, sie sei­en Teil einer „Frie­dens­be­we­gung“. Noch enger wur­de die­se Ver­bin­dung mit dem Über­fall der Hamas auf Isra­el am 7. Okto­ber 2023, seit­dem sind die Par­tei und ihre Vertreter*innen eben­so wie die Protagonist*innen der rech­ten Quer­den­ken-Bewe­gung inte­gra­ler Bestand­teil der isla­mis­tisch gepräg­ten sog. „Paläs­ti­na soli­da­ri­schen“ Demons­tra­tio­nen in vie­len deut­schen Städten.
Einen sehr guten Ein- und Über­blick über die Aus­rich­tung die­ser Demons­tra­tio­nen und die neu ent­stan­de­nen Netz­wer­ke bie­tet eine kur­ze WDR-Repor­ta­ge vom 3. Dezem­ber 2023:
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/pro-palaestina-demos-querdenker-extremisten-neue-allianzen-100.html

Auch in Ober­hau­sen gibt es seit eini­ger Zeit einen bis­her eher unschein­ba­ren Kreis­ver­band, einen von sehr weni­gen in NRW. Schon bei der Bun­des­tags­wahl im Febru­ar stell­te der Kreis­ver­band mit dem Ober­hau­se­ner Arzt Moha­med Samer Hadid einen eige­nen Direkt­kan­di­da­ten auf. Hadid ist eben­so stell­ver­tre­ten­der Kreis­ver­bands­vor­sit­zen­der und Bei­sit­zer im NRW-Lan­des­vor­stand sowie im Bun­des­vor­stand. Neben Lob­prei­sun­gen auf den ehe­ma­li­gen HTS-Ter­ro­ris­ten und heu­ti­gen syri­schen „Übergangs-“Präsidenten Abu Muham­mad al-Dschaulani 
(Bild 1) ver­brei­tet er auf Face­book bspw. dubio­se Fake-News, die die Mas­sa­ker der isla­mis­ti­schen syri­schen Über­gangs­re­gie­rung an der dru­si­schen Bevöl­ke­rungs­min­der­heit im Juli 2025 (2) legi­ti­mie­ren sol­len und die Drus*innen als ver­meint­li­che Aggressor*innen dar­stellt (Bild 2).

Mit Aus­nah­me weni­ger, die schon Erfah­run­gen von ande­ren Lis­ten aus dem Inte­gra­ti­ons­rat mit­brin­gen, sind die Kandidat*innen für den Rat und den Inte­gra­ti­ons­rat zumeist poli­tisch unbe­kann­te. Kreis­ver­bands­vor­sit­zen­der ist Etem Baso­glu, der bei den ver­gan­ge­nen Inte­gra­ti­ons­rats­wah­len für die der tür­kei­stäm­mi­gen Rech­ten nahe­ste­hen­de Lis­te „Team Ober­hau­sen“ antrat. Schon 2020, zur letz­ten Wahl, fiel er durch die Ver­brei­tung von ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Inhal­ten sowie Tei­lun­gen von rech­ten Kanä­len auf sei­nem Face­book-Account auf (Bild 3). Eben­so wie bei der Gesamt­par­tei hat sich auch dies mit dem Angriff der Hamas vom 7. Okto­ber 2023 nicht ver­bes­sert, viel­mehr sind seit dem auch Posts mit anti­se­mi­ti­schen Inhal­ten dazu gekom­men (Bild 4).

Die Nähe des Ober­hau­se­ner Kreis­ver­ban­des des „Team Toden­hö­fer“ zur tür­kei­stäm­mi­gen Rech­ten zeigt sich auch in der Wahl der Ver­samm­lungs­räu­me. Die Ver­samm­lung zur Auf­stel­lung der Kandidat*innenliste fand bspw. In Neben­räum­lich­kei­ten der DITIB-Aya­sofia-Gemein­de an der Duis­bur­ger Stra­ße statt. Deren (ehe­ma­li­ger?) Vor­sit­zen­der Bay­ram Kücük steht auf Lis­ten­platz 4 der Inte­gra­ti­ons­rats­lis­te sowie Platz 5 der Reser­ve­lis­te für den Rat der Stadt. Die Rol­le der DITIB, wel­che unmit­tel­bar der tür­ki­schen Reli­gi­ons­be­hör­de DIYANET, deren Chef Ali Erbas und damit auch dem tür­ki­schen Auto­kra­ten RT Erdo­gan unter­stellt ist haben wir zuletzt aus­führ­lich in der Recher­che zum Ober­hau­se­ner Kreis­ver­band der „Par­tei für Tier­schutz (T I E R S C H U T Z) dar­ge­legt, nach­zu­le­sen hier:
https://esreicht-ob.de/tierschutz

Auch ande­re Kandidat*innen machen mit ent­spre­chen­den anti­se­mi­ti­schen und ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Posts auf Social-Media auf sich auf­merk­sam. Naji Rak­ka bspw., ein Phy­sio­the­ra­peut aus Oster­feld, der am 8. Okto­ber 2023, am Tag nach dem Über­fall der Hamas, dem größ­ten Mas­sen­mord an Jüdin­nen und Juden seit 1945, auf der offi­zi­el­len Face­book-Prä­senz sei­ner Phy­sio­the­ra­pie­pra­xis die Ter­ri­to­ri­al­fah­ne Paläs­ti­nas teil­te (Bild 5). Ande­re Nut­zen­de kom­men­tier­ten dies mit heroi­schen klei­nen Gra­fi­ken, auf denen stol­ze Krie­ger ein Schwert in die Höhe recken.

Nicht weni­ger ein­deu­tig sind die auf dem Insta­gram-Account des Kreis­ver­ban­des ver­teil­ten Inhal­te. Dort wer­den bspw. Diver­se Teil­nah­men an soge­nann­ten „Pro-Paläs­ti­nen­si­schen“ Demons­tra­tio­nen in den Wochen nach dem Über­fall der Hamas doku­men­tiert. Demons­tra­tio­nen, auf denen Teil­neh­men­de Schil­der mit Holo­caust­re­la­ti­vie­run­gen getra­gen haben, auf denen isla­mis­ti­sche und juden­feind­li­che anti­se­mi­ti­sche Paro­len geru­fen wur­den, bei denen Redner*innen den Angriff der Ter­ro­ris­ten vom 7. Okto­ber 2023 auf Isra­el gerecht­fer­tigt und begrüßt haben.

Das Gesamt­bild der Par­tei, im Bund, im Land und auch vor Ort im Kreis­ver­band ist ziem­lich ein­deu­tig. Wer für den Rat der Stadt das „Team Toden­hö­fer“ oder für den Inte­gra­ti­ons­rat „Die Gerech­ten“ wählt, ent­schei­det sich für ein anti­se­mi­ti­sches, rech­tes Sam­mel­be­cken, wel­ches isla­mis­ti­sche, ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche wie natio­na­lis­ti­sche Strö­mun­gen ver­eint. Sicher­lich tref­fen die­se Para­me­ter nicht auf alle ein­zel­nen Kandidat*innen zu, doch das Gesamt­bild passt.

Eben­so wie bei der Tier­schutz­lis­te raten wir aus anti­fa­schis­ti­scher Per­spek­ti­ve auch bei die­ser Lis­te drin­gend von einer Wahl ab.

Gegen jeden Antisemitismus!

Quel­len

(1) https://www.belltower.news/bundestagswahl-team-todenhoefer-die-partei-bin-ich-120869/

(2) https://taz.de/Massaker-an-Drusen-in-Syrien/!6101536/

Bil­der 1–5

 

 

Für die­sen Arti­kel incl. Bild und Video­ma­te­ri­al gel­ten fol­gen­de Lizenz­be­din­gun­gen: CC BY-NC-ND